Lenkgetriebe Überholung C4 (neuer Thread)

[Thomas ZR-1]

Hallo zusammen, hier alles nochmal mit Bildern, mein PICR-Acout hatte ein Problem...also jetzt aber:

Im Folgenden möchte ich euch gerne die Problematik der C4 Lenkgetriebe erklären bzw. was ich bei der Reparatur mache. Dass die Getriebe nach 25-30 Jahren mal undicht werden, sollte jedem klar sein, das Material der Simmeringe hält nicht ewig. Auch verschmutzen die Getriebe von innen, Lenkungsmanschetten werden undicht, Wasser und Straßendrecke können eindringen. Da das Hydrauliksystem der Lenkung keinen Filter hat, sind in machen Lenkgetrieben Schlammablagerungen zu finden, dass man sich wundert, wie das System überhaupt noch funktionieren konnte. Hierbei wichtig: immer nur ATF-Öl verwenden, das rote Automatikgetriebe-Öl muss es sein (Dextron 2 oder Dextron 3…egal) und keine moderne Plörre aus dem VW-Regal o.ä.

Leckagen sind das eine, die sogenannte „Morning Thickness“ das andere Problem. Hierbei arbeiten sich die 4 Dichtringe, die die hydraulischen Kammern im Aluminiumgehäuse der Ritzelwelle (oder Antriebswelle genannt) voneinander trennen sollen ins Aluminium hinein. Es entstehen 4 Nuten, über diese das Öl von dem einen in den anderen Bereich überströmen kann, ohne über die beiden außen am Lenkgetriebe angeschraubten Leitungen in die beiden Druckkammern (Bereich Beifahrerseite des Lenkgetriebes) zu strömen. Somit reduziert sich die hydraulische Unterstützung des Lenkvorgangs im Extremfall bis auf null (meistens im kalten Zustand). Ist man schon ein paar Kilometer gefahren, hat sich alles etwas erwärmt und die innere Leckage reduziert sich ein wenig, wenn man Glück hat….allerdings nur solange, bis man halt Pech hat und die Servo-Unterstützung in keinem Betriebszustand mehr vorhanden ist.

Übrigens hatte ich vor kurzem ein vor einem Jahr gekauftes Austausch-Lenkgetriebe von eBay.com aus USA von einem Bekannten da gehabt, was den Besitzer insgesamt knapp 900 Euro gekostet hat (Lenkgetriebe $350 + Altteil-Pfand (core) $300 + Versand $115 + Zoll + Steuer). Dieses Lenkgetriebe war zwar dicht, zeigte aber die Symptome der Morning Thickness. Nach dem Zerlegen war schnell klar, dass es zwar neu gedichtet wurde, aber die oben angesprochenen Nuten waren im Ansatz schon deutlich zu erkennen…konnte also nicht richtig funktioniere…er hat`s erst gar nicht versucht, dem eBay-Händler auf der anderen Seite der Welt zu erklären, es wäre sinnlos gewesen.

Hier mal ein paar Bilder von einer Überholung:

Gebrauchtes, undichtes Lenkgetriebe mit Morning Thickness



Lenkgetriebe komplett zerlegt, hierbei: in der unteren Teile-Reihe links kann man das Druckstück und die Feder erkennen, die in Fett geschmiert die Zahnstange an die Ritzelwelle spielfrei anlegt. Über die Jahre verharzt das Fett, das Druckstück verklemmt und es entsteht ungewolltes Spiel, was dann auch u.a. dafür sorgt, das der ohnehin schon gealterte Simmering, der die Hydraulik-Kammer dicht hält, undicht wird.



Immer wieder versuchen C4-Fahrer, die vermeintlich undichten Stellen mit div. Klebstoffen abzudichten. Es werden immer wieder die beiden Verbindungsbolzen, die die Hydraulikkammer mit dem Alugehäuse verbindet, sinnlos zugeschmiert. Ich habe mal den Simmering dazugestellt, damit man erkennen kann, wo von der Beifahrerseite her kommen (schwarzes Rohr) der Hydraulikbereich endet. Ist dieser Simmering undicht, gelangt natürlich das Öl ins Alugehäuse und kann u.a. aus den Bohrungen der Bolzen austreten. Abdichten kann man dort allerdings nichts.



Hier ein Blick in das Alugehäuse der Ritzelwelle (also die Welle, die man mit dem Lenkrad dreht). Hier haben sich die 4 Dichtringe ins Alu hinein gearbeitet, speziell zwischen den beiden Anschluss-Bohrungen ist eine tiefe Nut entstanden. Warum soll also das Öl in die beiden Hydraulik-Kammer auf der Beifahrerseite der Lenkung strömen, wenn es doch hier „abkürzen“ kann?



Das Alugehäuse wird ausgefräst und gespindelt, bis die Nuten weg sind.



Danach wird eine Alubuchse, die die Durchmesser-Differenz ausgleicht, in flüssigem Stickstoff abgekühlt und eingeschrumpft.



Nun wird die eingesetzte Alubuchse auf das passende Maß aufgespindelt und die Ölbohrungen nachgesetzt.



So sieht das instandgesetzte Alugehäuse aus, hier fließt das Öl wieder so, wie es soll.



Vor dem Zusammenbau werden alle Teile gereinigt, die Zahnstange wurde auf der Drehbank poliert und es kommen natürlich überall neue Dichtungen zum Einsatz.



Fertiges Lenkgetriebe



Prüfstand Lenkgetriebe: hier prüfe ich die Dichtheit und die Funktion der hydraulischen Unterstützung. Die riemengetriebene Servopumpe der C4 ist hier durch eine elektrische Pumpe vom Opel Astra H ersetzt, diese macht aber auch genug Druck.



Die Belastung der Lenkung beim Lenken nach rechts oder links wird hier von zwei Fahrwerksfedern simuliert.





„Gelenkt“ wird mittels Ratsche oder für die Messungen Drehmoment (an der Ritzelwelle) über Weg (den die Zahnstange macht) mit einem Drehmomentschlüssel.





Lenkgetriebe in Null-Lage (Geradeaus-Fahrt).



Lenkgetriebe bei Volleinschlag: 90 bar….alles ok…alles dicht.



Schöne Feiertage euch allen,
GRuß, Thomas