13.01.2009, 12:48
FTD: General Motors attackiert US-Regierung
13.01.2009 - 10:17
Der größte US-Autobauer General Motors, dessen drohende Insolvenz im Dezember nur mit Milliardenhilfen vom Staat abgewendet werden konnte, wirft der Regierung schwere Versäumnisse in der Industrie- und Energiepolitik vor.
"Jede Regierung in Japan, Deutschland oder Frankreich ist bemüht, die eigene Autoindustrie zu fördern. Nur in den USA sind wir seit 30 oder 40 Jahren in Washington verpönt und verhasst", klagte GM-Produktchef Bob Lutz auf der Automesse in Detroit. "Wir hatten noch nie ein positives Verhältnis zur Regierung."
Die harte öffentliche Kritik aus Washington an der vermeintlich falschen Produktstrategie von GM, Ford und Chrysler hat das Ansehen der Konzerne auch bei den eigenen Kunden schwer beschädigt und das Verhältnis zwischen Industrie und Politik zusätzlich belastet.
"Die Unternehmen und die Regierung sind in dieser Krise aufeinander angewiesen", analysierte ein Branchenkenner. Doch statt eine gemeinsame Lösung zu suchen, hätten Republikaner und Demokraten in Washington zunächst einmal versucht, "sich das Problem gegenseitig zuzuschieben", kritisierte GM-Manager Lutz.
Der Regierungswechsel, der kommende Woche vollzogen wird, blockiert bislang eine Einigung zwischen Detroit und Washington. Unter dem Präsidenten Barack Obama, der einen sogenannten Autozaren als Bindeglied zwischen Konzernen und Regierung berufen will, könnte sich das Verhältnis aber verbessern.
"Ich bin sehr optimistisch, dass wir im März von der Regierung ein langfristiges Programm zum Erhalt der US-Autobauer bekommen werden", sagte Lutz. "Die Politik hat erkannt, dass sie die letzte große Industrie der Vereinigten Staaten nicht zugrunde gehen lassen kann."
Vehement verteidigte der GM-Vorstand die eigene Modellpolitik. "Das nationale Auto-Portfolio wird nicht von den Herstellern oder der Politik bestimmt", stellte er klar. "Das hängt allein vom Benzinpreis ab." Der Sprit koste in den USA nur ein Viertel dessen, was man im Rest der Welt bezahlen müsste, rechnete Lutz vor.
"Die Leute kaufen, was sie sich leisten können: Wenn das Benzin so teuer wäre wie in Europa, würden wir hier auch teure, kleine Autos verkaufen. Aber die Amerikaner geben nicht etliche Tausend Dollar mehr aus, nur um grün zu sein."
Seit der Benzinpreis nach seinem Hoch im Sommer deutlich gefallen ist, bricht die Nachfrage nach sparsamen Autos in den USA ein - und der Absatz großer Fahrzeuge mit hohem Verbrauch steigt kräftig. Eine Wende sieht Lutz daher vorerst nicht: "Der Benzinpreis ist in Amerika ein Politikum. Auch der künftige Präsident Obama wird die Spritsteuern sicher nicht erhöhen." Diese Steuer liegt in den USA nur bei umgerechnet 4 Cent pro Liter.
Entsprechend Zeit lassen kann sich General Motors mit der Einführung seines Elektromodells Volt, das nach Konzernangaben bereits bis zur Produktionsreife entwickelt ist und 2010 auf den Markt kommen soll. "Wir haben mindestens zweieinhalb Jahre Vorsprung vor allen anderen Herstellern, auch vor den Europäern", sagte Lutz. "Aber wir wollen die Autos erst unter allen Umständen austesten, bevor wir sie auf den Markt bringen."
Auch Chrysler und die deutschen Premiumhersteller beanspruchen für sich die Führerschaft bei Elektroautos. Doch viele unabhängige Autoexperten wie Gregor Matthies von Bain & Company sehen GM in diesem Segment vorn: "Für 2010 hat eine ganze Reihe von Herstellern Elektroautos angekündigt. Dabei wird bisher vor allem über Vor- und Kleinserien geredet." Der Chevrolet Volt von General Motors und Mitsubishis i-EV seien derzeit am nächsten an der Serienreife. Alle anderen Hersteller befänden sich noch im Pilotstadium und wollten vor allem erst einmal Erfahrungen sammeln.
"Wann wir mit dem Volt Geld verdienen können, hängt vor allem von den Zuschüssen der Regierung ab. Mit 5000 oder 6000 $ pro Fahrzeug wäre das einfacher", sagte Lutz. Er gab sich zuversichtlich, einen Teil der Zuschüsse von insgesamt 25 Mrd.
$ aus dem Förderpaket des Energieministeriums zu erhalten.
Eine Schlüsselrolle kommt in dieser Situation den Batterieherstellern zu. "Das Ziel muss sein, die Kosten um zwei Drittel zu senken und zugleich die Leistung zu steigern", stellte GM-Vorstand Lutz klar.
"Wir brauchen eine Reichweite von mindestens 150, besser 200 Kilometern." Doch eine deutliche Kostensenkung bei den Energieträgern wird laut Bain-Berater Matthies noch lange dauern: "Erst nach 2015 werden neue, leistungsfähigere und leichtere Lithiumionenbatterien in größerem Rahmen verfügbar sein, die Elektroautos einen Schub geben und so die Preise drücken."
Autor/Autoren: Matthias Ruch und Kristina Spiller (Detroit)
© FTD
13.01.2009 - 10:17
Der größte US-Autobauer General Motors, dessen drohende Insolvenz im Dezember nur mit Milliardenhilfen vom Staat abgewendet werden konnte, wirft der Regierung schwere Versäumnisse in der Industrie- und Energiepolitik vor.
"Jede Regierung in Japan, Deutschland oder Frankreich ist bemüht, die eigene Autoindustrie zu fördern. Nur in den USA sind wir seit 30 oder 40 Jahren in Washington verpönt und verhasst", klagte GM-Produktchef Bob Lutz auf der Automesse in Detroit. "Wir hatten noch nie ein positives Verhältnis zur Regierung."
Die harte öffentliche Kritik aus Washington an der vermeintlich falschen Produktstrategie von GM, Ford und Chrysler hat das Ansehen der Konzerne auch bei den eigenen Kunden schwer beschädigt und das Verhältnis zwischen Industrie und Politik zusätzlich belastet.
"Die Unternehmen und die Regierung sind in dieser Krise aufeinander angewiesen", analysierte ein Branchenkenner. Doch statt eine gemeinsame Lösung zu suchen, hätten Republikaner und Demokraten in Washington zunächst einmal versucht, "sich das Problem gegenseitig zuzuschieben", kritisierte GM-Manager Lutz.
Der Regierungswechsel, der kommende Woche vollzogen wird, blockiert bislang eine Einigung zwischen Detroit und Washington. Unter dem Präsidenten Barack Obama, der einen sogenannten Autozaren als Bindeglied zwischen Konzernen und Regierung berufen will, könnte sich das Verhältnis aber verbessern.
"Ich bin sehr optimistisch, dass wir im März von der Regierung ein langfristiges Programm zum Erhalt der US-Autobauer bekommen werden", sagte Lutz. "Die Politik hat erkannt, dass sie die letzte große Industrie der Vereinigten Staaten nicht zugrunde gehen lassen kann."
Vehement verteidigte der GM-Vorstand die eigene Modellpolitik. "Das nationale Auto-Portfolio wird nicht von den Herstellern oder der Politik bestimmt", stellte er klar. "Das hängt allein vom Benzinpreis ab." Der Sprit koste in den USA nur ein Viertel dessen, was man im Rest der Welt bezahlen müsste, rechnete Lutz vor.
"Die Leute kaufen, was sie sich leisten können: Wenn das Benzin so teuer wäre wie in Europa, würden wir hier auch teure, kleine Autos verkaufen. Aber die Amerikaner geben nicht etliche Tausend Dollar mehr aus, nur um grün zu sein."
Seit der Benzinpreis nach seinem Hoch im Sommer deutlich gefallen ist, bricht die Nachfrage nach sparsamen Autos in den USA ein - und der Absatz großer Fahrzeuge mit hohem Verbrauch steigt kräftig. Eine Wende sieht Lutz daher vorerst nicht: "Der Benzinpreis ist in Amerika ein Politikum. Auch der künftige Präsident Obama wird die Spritsteuern sicher nicht erhöhen." Diese Steuer liegt in den USA nur bei umgerechnet 4 Cent pro Liter.
Entsprechend Zeit lassen kann sich General Motors mit der Einführung seines Elektromodells Volt, das nach Konzernangaben bereits bis zur Produktionsreife entwickelt ist und 2010 auf den Markt kommen soll. "Wir haben mindestens zweieinhalb Jahre Vorsprung vor allen anderen Herstellern, auch vor den Europäern", sagte Lutz. "Aber wir wollen die Autos erst unter allen Umständen austesten, bevor wir sie auf den Markt bringen."
Auch Chrysler und die deutschen Premiumhersteller beanspruchen für sich die Führerschaft bei Elektroautos. Doch viele unabhängige Autoexperten wie Gregor Matthies von Bain & Company sehen GM in diesem Segment vorn: "Für 2010 hat eine ganze Reihe von Herstellern Elektroautos angekündigt. Dabei wird bisher vor allem über Vor- und Kleinserien geredet." Der Chevrolet Volt von General Motors und Mitsubishis i-EV seien derzeit am nächsten an der Serienreife. Alle anderen Hersteller befänden sich noch im Pilotstadium und wollten vor allem erst einmal Erfahrungen sammeln.
"Wann wir mit dem Volt Geld verdienen können, hängt vor allem von den Zuschüssen der Regierung ab. Mit 5000 oder 6000 $ pro Fahrzeug wäre das einfacher", sagte Lutz. Er gab sich zuversichtlich, einen Teil der Zuschüsse von insgesamt 25 Mrd.
$ aus dem Förderpaket des Energieministeriums zu erhalten.
Eine Schlüsselrolle kommt in dieser Situation den Batterieherstellern zu. "Das Ziel muss sein, die Kosten um zwei Drittel zu senken und zugleich die Leistung zu steigern", stellte GM-Vorstand Lutz klar.
"Wir brauchen eine Reichweite von mindestens 150, besser 200 Kilometern." Doch eine deutliche Kostensenkung bei den Energieträgern wird laut Bain-Berater Matthies noch lange dauern: "Erst nach 2015 werden neue, leistungsfähigere und leichtere Lithiumionenbatterien in größerem Rahmen verfügbar sein, die Elektroautos einen Schub geben und so die Preise drücken."
Autor/Autoren: Matthias Ruch und Kristina Spiller (Detroit)
© FTD