Applikationsphilosophie beim LS7 Motor
#1
Nachdem die Schilderung der Rückfahrt aus dem hohen Norden soviel Begeisterung gefunden hat, dass sie mittlerweile ins Troll-Forum verschoben werden musste, möchte ich kurz erläutern, warum ich mit der Corvette in den Norden gefahren bin. Hatte mir nämlich dafür extra ein professionelles Scantool organisiert, mit dem man viele motorrelevante Messgrößen online auf einem Rechner in einer CSV-Datei abspeichern kann. Diese lässt sich wiederum in das Excel Format übertragen, womit die spätere Auswertung der Daten erleichtert wird. Es wurden dabei insgesamt 20 Messkanäle aufgezeichnet. Die Abtastrate über alle Kanäle war dabei vom System auf ca 300ms begrenzt, also gute 3 Messreihen pro Sekunde. Für dynamische Vorgänge natürlich zu wenig, aber gut ausreichend bei Stationärfahrt.

Die wichtigsten aufgezeichneten Größen waren:
Motordrehzahl
Motorlast(relative Zylinderfüllung)
Drosselklappenstellung
Lambda Integratoren
Lambda Adaptionswerte
Lambda Sollvorgabe
Saugrohrdruck
Zündwinkel
Öl- und Wassertemperatur
Fahrzeuggeschwindigkeit

Bevor die einzelnen Messungen gestartet wurden, habe ich die Auspuffklappe in Serien- Ausgangslage gebracht und bin bereits vorher etliche Kilometer zur Adaption gefahren.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus den Messwerte :

- Die Verdichtungs Auslegung der Z06 geschah höchstwahrscheinlich in Hinblick auf einen optimaler Teillast-Testverbrauch. Dies ist an den späten Zündwinkeln in der Volllast (z.B. 23,5 Grad bei 5500 U/min) und dem ungewöhnlich früh einsetzenden Lambdabauteilschutz ( bereits unterhalb von 2500 U/min) zu erkennen.
Hinweis: Bis ca 200 km/h kann man im 6 Gang in der Straßenteillast ohne jegliche Anfettung fahren. Dabei kommt man auf einen Stationärverbrauch in der Größenordnung von 16-17 l/100 km. Dies ist zweifelsfrei ein sehr guter Wert. Übliche Werte in dieser Leistungsklasse liegen bei 17 bis 21 l/100 km. Bei SUV's ist man bei dieser Geschwindigkeit bereits in der Größenordnung von 25-30 l/100 km.(Natürlich beziehen sich diese Zahlen nur auf Fahrzeuge mit Ottomotoren!)

- Der Verlauf der relativen Zylinderfüllung zeigt, dass der LS7 sogenannte Leistungs-Einlasskanäle besitzt. Also keine Tumble- oder Drall- Kanäle. Da der LS7 Motor mit seiner dezentralen Kerzenlage und riesiger Bohrung lange Flammwege hat und über die Einlasskanäle keine zusätzliche Ladungsbewegung erzeugt wird, sollte man eigentlich von einem großen Vorzündungsbedarf ausgehen können. Da man aber diese Vorzündung nicht findet, wäre der nächste Gedanke, dass ein schlechter Zündwinkelwirkungsgrad vorliegt. (Würde heiße Abgastemperaturen bedeuten und somit einen heftigen Bauteilschutz erfordern).
Betrachtet man die Lambdasollwerte wird diese Schlussfolgerung bestätigt. Die Höhe und Verbreitung der Anfettung im Motorkennfeld lässt da keinen Zweifel aufkommen.

- Betrachtet man sich den Lambda-Verlauf in der Volllast, so sind die vorgefundenen Sollwerte schon irgendwie erschreckend. Bei 6000 U/min stehen da bei moderaten Außentemperaturen bereits Werte um 0,75. Leistungsoptimal wären hier bei 2 Ventil-Saugroheinspritzern Werte zwischen 0,85 und 0,90. In der Volllast mutiert also der LS7 zu einem relativen Säufer !

- In der Volllast konnten auch, entgegen im CF vorgetragenen Behauptungen, selbst im Bereich von 6000 U/min negative Lambda Adaptionswerte aufgezeichnet werden. Es besteht somit vermutlich kein absoluter sondern nur ein begrenzter Magerschutz.

- Der maximal aufgezeichnete Druckverlust über die Ansaugstrecke betrug ca 40 mbar. Bei einen Luftfilter mit 35.000km Laufstrecke ist das ein guter Wert. Durch den reinen Tausch auf eine Sport Luftfilterpatrone dürfte somit kein Leistungsgewinn über 2 % realistisch sein.

Falls jemand an den Werten einer Messreihe im Detail interessiert ist, kann ich an eine begrenzte Anzahl von Usern an deren E-Mail Adresse eine Exceldatei über ca. 20 min Messzeit schicken ( ca. 0,7 MB). Bitte Anfragen per PN.


Gruß

Wutzer
Optimismus basiert meist auf einem Mangel an Informationen !
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#2
Hallo Ekkhardt,

hört sich interessant an ! Was bezweckst du mit diesen Messreihen ? Finden diese Untersuchungen aus reiner Neugier statt oder willst du die Standfestigkeit des Motors unter Volllast untersuchen ?
Du berichtest von erschreckenden Lamda Sollwerten in der Volllast Frage

Gruß Roger
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#3
Zitat:Original von Wutzer

- In der Volllast konnten auch, entgegen im CF vorgetragenen Behauptungen, selbst im Bereich von 6000 U/min negative Lambda Adaptionswerte aufgezeichnet werden. Es besteht somit vermutlich kein absoluter sondern nur ein begrenzter Magerschutz.

Wie hast du das festgestellt?

Gruß, Till
Dyno-Center, Hans-Böckler-Str. 13, 40764 Langenfeld, Tel. 02173-9377070
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#4
Zitat:Leistungsoptimal wären hier bei 2 Ventil-Saugroheinspritzern Werte zwischen 0,85 und 0,90

Wie sieht das bei Vierventilern aus?

Take care Prost!

Mirko
Trust the Cafe Racer...
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#5
Wutzer,

der Zündwinkel hat bei US V8 nichts mit dem Einsatzzweck zu tun sondern damit das entgegen deiner Meinung die Brennraumkonfiguration für einen 2 Ventiler sogar extrem gut ist bei der LS Familie. Ein guter Zylinderkopf braucht wesentlich weniger Vorzündung als ein schlechter da die Erstflammfront schneller zum tragen kommt und weniger Negativenergie erzeugt wird. Als Vergleich ein Chevy V8 der alten Schule braucht unter Vollast mindestens 36 Grad, ein Pontiac mit seinen suboptimalen Köpfen in der Regel sogar bis 42 Grad.

das gleiche Phänomen kann man bei den Cleveland Motoren sehen, Originalkopf und das Ding braucht mindestens 35 Grad Vorzündung oder es geht wie eine angebundene Kuh, 3V CHI Köpfe drauf und max. Leistung um die 27 Grad !

LS Motoren haben die meiste Leistung zwischen 26 und 28 Grad Vorzündung, sehr selten das eine Extremstnocke mehr als 30 Grad erfordert.

LS7 verlieren auch stark Drehmoment im mittleren Drehzahlbereich wenn sie zu mager abgestimmt sind, sind werden zwar magergiftig aber haben Tonnen weniger Drehmoment.

das sie unter VL zu fett sind ist ja auch nichts neues
_____________________________________________________________
CCRP Austria, Bundesstrasse 100, 8402 Werndorf
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#6
@Till: Sowohl im "Lambda -Schutzbereich" als auch in der Volllast werden bei gesperrter Lambda Regelung (Integrator resetiert =0 ) sowohl positive als auch negative Adaptionswerte angezeigt. In der oberen Volllast wurde der negative Ausschlag, soweit ich das den Messungen an meinem Auto entnehmen konnte, auf -1,6 % begrenzt. Diese Begrenzung macht ja nur Sinn, wenn man die negativen Adaptionswerte ebenso wie hoffentlich auch die positiven ausgibt. Im Lambda Schutzbereich treten größere negative Adaptionswerte auf (bspw. -3,1 % bei 3200 U/min und einer relativen Zylinderfüllung von ca. 50 %).

@ Roger: So ein Betrachten der Daten finde ich schon rein aus beruflicher Neugier äußerst interessant. Man kann erkennen, wo bei einem Motor welche Kompromisse eingegangen werden mussten. Außerdem kann man daraus ablesen, welche Betriebspunkte verbrauchstechnisch zu empfehlen sind und welche man besser meiden sollte.
Mit mechanischer Volllasthaltbarkeit hat das aber alles nichts zu tun.

Gruß

Wutzer
Optimismus basiert meist auf einem Mangel an Informationen !
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#7
Zitat:Original von BigMP
Zitat:Leistungsoptimal wären hier bei 2 Ventil-Saugroheinspritzern Werte zwischen 0,85 und 0,90

Wie sieht das bei Vierventilern aus?

Take care Prost!

Mirko

Vierventiler verhalten sich beim Lambda ähnlich, haben aber in der Regel durch die zentrale Kerzenlage und den damit verbundenen kürzeren Brennwegen einen niedrigeren Vorzündungsbedarf. Bei Direkteinspritzern liegt das Lambda Optimum durch die kürzere Gemischaufbereitungszeit üblicherweise um 0,05 % fetter.

Gruß

Wutzer
Optimismus basiert meist auf einem Mangel an Informationen !
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#8
Zitat:Original von coolchevy
Wutzer,

der Zündwinkel hat bei US V8 nichts mit dem Einsatzzweck zu tun sondern damit das entgegen deiner Meinung die Brennraumkonfiguration für einen 2 Ventiler sogar extrem gut ist bei der LS Familie. Ein guter Zylinderkopf braucht wesentlich weniger Vorzündung als ein schlechter da die Erstflammfront schneller zum tragen kommt und weniger Negativenergie erzeugt wird. Als Vergleich ein Chevy V8 der alten Schule braucht unter Vollast mindestens 36 Grad, ein Pontiac mit seinen suboptimalen Köpfen in der Regel sogar bis 42 Grad.

Hallo Heinz,
deine Aussagen bezüglich Zylinderkopf sind prinzipiell zutreffend. Beim LS7 wird ja zusätzlich auch noch ein extrem großer Elektrodenabstand an den Kerzen dazu benutzt, eine schnelle Entflammung und Verbrennung einzuleiten. Auch ist es richtig, dass über den Zylinderkopf ein erheblicher Einfluss auf die Ladungsbewegung und damit die Verbrennungsgeschwindigkeit ausgeübt werden kann. Glaube aber dennoch nicht, dass man mit den vorgefundenen Vorzündungswerten den optimalen Verbrennungsschwerpunkt von 8 Grad hinter OT realisieren kann. Leichte Abweichungen davon bereiten bei hoher Drehzahl meist weniger bei der Leistung, als viel mehr bei der ansteigenden Abgasenergie Probleme.
Wenn man sich den Verlauf der relativen Zylinderfüllung über der Drehzahl betrachtet, sieht man auch, dass bei Drehzahlen über 5000 U/min eine gute Füllung und somit vermutlich auch eine ausreichende Ladungsbewegung und Verbrennungsgeschwindigkeit vorliegen dürfte. Bei 3000 U/min ist das aber nicht der Fall. Hier habe ich in der Volllast eine Zündvorsteuerung von 25 Grad gemessen, die dort relativ früh ist. Sprich, hier klappt es mit der Ladungsbewegung und Verbrennungsgeschwindigkeit nicht so toll. Es ist ausgesprochen ungewöhnlich, dass bei einem Motor die Vorzündung bei 3000 U/min höher ist als bei 6000 U/min.

Gruß

Wutzer
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#9
Wutzer,

bei den LS Motoren ist das völlig normal das die Vorzündung bei niedrigeren Drehzahlen höher ist, das hat mit den Kathedralköpfen schon begonnen und ging schon lange so her, auch bei den 2 Generationen davor wie LT1/LT4 war es nicht anders was aber hauptsächlich mit Emmissione zu tun hat sowie Drehmomentenbildung. Ein 2 Ventiler ist hier wesentlich mehr eingeschränkt als ein 3 oder 4 Ventiler

Beim LS7 und auch beim LS3 (aber nicht so grob) ist der Kopf CSA Wert sehr hoch, sprich, das Volumen den Ansaugkanals eigentlich für einen Strassenbetrieb viel zu gross und eigentlich eher Renn- Hochdrehzahlmotor. Durch die 12 Grad Technik der Ventilstellung wäre so ein Kopf am alten SBC faktisch unfahrbar auf der Strasse.

Auch ein Weg um Reversionen im unteren bis mittleren Teillastbetrieb zu bekämpfen sind hohe Vorzündungswerte. Um durch die hohe Verdichtung die Abgastemperaturen auf der EGT Parabel auf der richtigen Seite zu halten wird auch mit der Vorzündung bestimmt auf welcher Seite der EGT Kurve (mager oder fette Seite) ich liege, was hier zweifellos mitspielt
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CCRP Austria, Bundesstrasse 100, 8402 Werndorf
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#10
Dann betrachten wir das Ganze einmal von der theoretischen Seite. Nach dem Zündfunken kommt es zur einer Enflammungsphase, die relativ unabhängig von der Drehzahl eine paar Bruchteile einer ms dauert, danach durchläuft eine Flammfront mit 30+/- x m/s den Brennraum. Dieses +/- x ms hängt dabei primär von der Ladungsbewegung, Füllung und der Gemischgüte ab.
Um einen geschätzten maximalen Flammweg von 60 mm zurückzulegen braucht die Flammfront bei den mittleren 30 m/s somit 2 ms. In dieser Zeitspanne hat sich die Kurbelwelle bei 6000 U/min um 72 Grad weitergedreht, bei 3000 U/min aber nur um 36 Grad. Dennoch sollen beide bei 8 Grad nach OT die Hälfte des Gemisches verbrannt haben. Das kann aber ansatzweise nur dann klappen, wenn die Geschwindigkeit der Flammfronten stark unterschiedlich sind. Natürlich steigt mit der Drehzahl üblicherweise auch die Turbulenz( = Ladungsbewegung) im Brennraum etwas an, was die Sache begünstigt. Wenn man aber bei halber Drehzahl mehr Vorzündung benötigt, hat man dennoch irgendwo ein Füllungs-, Verbrennungs- oder Ladungsbewegungsproblem. Ein riesiger Hubraum überspielt dabei natürlich für den Kunden einiges.

Coolchevy hat in seinem letzten Post schon einige Erklärungen für die ungewöhnlichen ZW-Vorsteuerwerte genannt.


Gruß

Wutzer
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